27. September 2023 – von Kathi Schmidt

Mittwochmorgen. Ich habe mir sehr viel Zeit zum Aufwachen genommen. Ausgeschlafen, weil die letzten Wochen viel waren und der Wecker sich täglich in meinen Kopf gebohrt hat. Wenn ich nicht ausschlafe, bin ich nicht ich selbst. Heute bin ich ganz da. Der Herbst strömt durch das Dachfenster, es ist halb elf. Ich stehe auf, betrachte kurz meine Beine, die blauen Flecken verblassen langsam. Mein erster Kaffee schmeckt anders als sonst, es ist nur noch ein Schlückchen Hafermilch im Kühlschrank, der Karamellsirup ist leer. Es ist in Ordnung, denn ich bin trotzdem wach. 

Der Tag füllt sich. Um mich herum herrscht Ordnung statt Chaos, das macht mein lieber Freund, der Herbst. Ein Schreibauftrag fliegt herein, es geht um Pressetexte, um deine Freunde, die meine Freunde sind, um Musik und Deadlines. Tief eintauchen in die Lyrics meiner Freundin. Am liebsten würde ich heute im Schlafanzug bleiben, doch so kann ich nicht arbeiten, also kleide ich mich in Flieder, trage eine Gesichtsmaske auf und fühle mich kurz wie die Frau, die ich gerne sein möchte. 

Ich frühstücke um 13 Uhr, nenne es spätstücken. Diese mir unbegreifliche Selbstsabotage, erst dann zu essen, wenn der Magen schmerzt und die Laune schlecht ist, wurmt mich, ich werde mit meiner Therapeutin darüber sprechen müssen. Am großen Küchentisch bereite ich mir ein Laugenbrötchen von gestern zu, mit einem neuen veganen Aufschnitt (Hähnchenbrust ohne Tod als Beigeschmack), dazu einen Rest Beilagensalat. Der Pressetext geht raus, nun ist Zeit, ein Buch zu öffnen. Harry Potter bekommt einen Feuerblitz geschenkt und übt den Patronus, nimm ein Stück Schokolade, das hilft. 

Draußen in der alten Stadt spielt jemand Saxophon, die Hafermilch ist leer, ich warte auf meine Freundin Jess, um mit ihr Kaffee zu holen. Während ich warte, starre ich auf den Stundenplan für das kommende Semester, der noch nicht feststeht, den ich mir aber genau so wünsche. Das Wintersemester ist für mich das schönere Semester, ich romantisiere meine eigene Produktivität, genieße das Laub auf dem Campus, laufe in Mänteln durch die Gegend und fühle mich hexisch. Es klingelt, Jess ist da, der Kaffee ruft. Er schmeckt besser, wenn wir zusammen sind.

Wir treffen uns zum Schreiben und sein, das Haus fühlt sich schön an. Draußen weinen Kinder, Menschen saugen die letzten Sonnenstrahlen in sich auf, wir laufen zum Coffee Shop, um Köstlichkeiten mit 50% Rabatt abzustauben, ganz ohne Wartezeit. Ich arbeite weiter an meinem anstehenden Studium, markiere irgendwelche Module auf meinem schwer verstaubten iPad, langsam freue ich mich wirklich auf den Oktober. Jess und ich, wir gehen nochmal raus, raus zu REWE, ich bin ein bisschen zu sehr jeden Tag seit der Neueröffnung dort, aber ich fühle mich wohl an meinem neuen Arbeitsplatz, rewelutionär, warum ist das nicht der Slogan. Wir kaufen ein für Cannelloni und Nachtisch, kehren wieder heim, ich bereite eine Füllung aus Zwiebeln, veganem Hack, passierten Tomaten und Hafersahne vor, vielleicht kommt der Sahnerest morgen in den Kaffee, denn natürlich habe ich die Hafermilch vergessen. Nach und nach befülle ich die Nudeln, bis daraus ein Auflauf wird. Mit dem Klingeln des Timers kommt auch Mort zur Tür hinein, es wird gegessen, geschrieben, gelacht und gelernt, nach diesem Dinner mit passender Playlist weiß ich nun, dass das Pokémon Lauchzelot wohl auf einer Ente und einem Ritter basiert, es entwickelt sich aus einem Porenta, nachdem dieses drei Volltreffer in einem Kampf erzielt hat. Ich lasse diese Information sacken, denn eines Tages werde ich sie ganz sicher brauchen, schreibe, verdaue und warte darauf, für den Nachtisch bereit zu sein. 

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