Im Traum merke ich irgendwann, dass wir zu viele Leute sind, wir sind zu sechst und mehr als drei Haushalte und wir sitzen alle an einem Tisch zum Abendessen. Nicht mal das Fenster ist offen. Ich muss glücklicherweise nochmal weg, bin mit A. an der Stiftskirche verabredet. Es dämmert schon. Ich renne die Altstadt hoch und denke an die Leukämie-Vorsorge. Ich weiß, dass ich da schon versorgt bin und sage das einem Typen, der dicht hinter mir geht. Er sagt, das sieht man, und kommt noch dichter an mich ran. Ich frage, wieso. Er sagt, dann solle ich nicht mit freiem Rücken rumlaufen. Ich trage ein sommerliches Top. Ob wir vögeln wollen, fragt er.
Ich lache, lege meine Hand auf seinen Arm, wie wenn man es mit einem Senilen zu tun hat, und sage, nein, nein, ich habe einen Freund. Machst du trotzdem kurz Fotos? Ich halte ihm mein Handy hin. Er fotografiert meinen Rücken, aber viel zu nah dran, und man sieht nur verschwommen die Flecken, die Leukämie sein könnten.
Wecker.
Eigentlich beginnt der Tag schon gestern Nacht, als ich in meinem Kinderzimmer herumschleiche und auf den schrillen Piepton lauere, der alle 15 Sekunden von irgendwo aus der Nähe kommt. Kurz nach Mitternacht finde ich ihn, es ist der Feuermelder im ehemaligen Zimmer meines Bruders. Kann man den einfach rausdrehen? Was, wenn ich auf den Knopf drücke und ein Testalarm los geht? Ich gehe durchs Treppenhaus runter, klopfe unten in der Wohnung am Schlafzimmer.
Ja?, sagt mein Vater sofort, er ist noch wach, dabei ist er schon um zehn ins Bett. Er sagt, ich soll den Melder einfach rausdrehen und die Batterie rausholen.
Alle Treppen wieder hoch unters Dach, ich stelle mich auf den kleinen Kinderstuhl. Rausdrehen geht, aber die Batterie ist an einem Kabel befestigt, das man mit Kraft vielleicht lösen könnte, aber ob das so sein soll? Was ist mit der Batterieflüssigkeit? Es piept laut.
Ich fühle mich wie ein Grundschulkind, als ich im Schlafanzug mit dem geöffneten Feuermelder in der Hand wieder die Treppen runtergehe, wissend, ich bin eigentlich groß genug, das jetzt alleine zu regeln, aber mich doch rückversichern will, wenn Papa schon mal da ist.
Er löst die Batterie mit etwas Druck von den Kabeln und legt mir das Gehäuse wieder in die Hand. Endlich Ruhe.
-Gud Nocht.
-Gud Nocht.
Ich stelle mir den Wecker auf 9:45 Uhr, damit ich rechtzeitig wach bin, um zu helfen. Wir müssen saugen, putzen, den Garten machen, Gemüse holen zum Kochen, vielleicht noch Äpfel ernten und heute Nachmittag zu Mama ins Krankenhaus.
Es ist das erste Mal überhaupt, seit ich mich erinnern kann, dass nur mein Vater und ich im Haus sind. Es ist zu groß für uns.
Ich gehe in den Garten und ziehe Karotten aus der Erde, grünen Salat, Rote Beete, und den Kohlrabi krieg ich einfach nicht ab, auch mit dem Messer nicht. Ich muss nochmal ins Haus und ein größeres holen, mit dem ich auf den dicken Stil einhacke. Später stehe ich mit dem Gemüse, an dem noch Grünzeug und Erde dranhängt, vorm Kompost und merke, wie wackelig ich stehe, wie krumm gebeugt, versuche das Gewicht zu verlagern, aber es klappt nicht, ich bin welk wie der Salat in der Tonne.
Ich koche eineinhalb Stunden, eine Ewigkeit, während mein Vater die Pflanzen im Haus gießt, saugt, und zwei Scheißhaufen im Keller entfernt. Die hatte ich beim Runtergehen entdeckt, errochen genauer gesagt, im Treppenhaus stank es und ich folgte der Spur bis in den hintersten Kellerraum, wo auch die Katzenklappen sind.
-Uiui, des gibt ä Minuspunkt, sagte mein Vater zu Mister F., dem Kater.
Er hat Demenz wahrscheinlich. Er ist jetzt 16 und miaut meine Eltern nachts aus dem Schlaf.
„Als hätte ma widda ä Baby“, sagt meine Mutter dazu mit unbestimmten Gesichtsausdruck.
Meine Mutter. Sie ruft meinen Vater auf dem Handy an, da bin ich gerade am Kochen und er rupft vertrocknete Blätter der Küchenpflanzen ab.
-Isch d’Rini au schu do?, fragt sie als erstes.
Ich bejahe aus dem Hintergrund. Ich bin gestern Abend angekommen.
-Schön, sagt Mama, und ordert einen frischen Schlafanzug, den Papa nachher mitbringen soll und Bücher vom Sofatisch, ob er da mal schauen – Mein Vater seufzt, ich übernehme das Handy, leite zum Whatsapp-Videochat über („Du musch jetz glich uff Videocall annehmen drücke“) und zeige ihr die Bücher mit der Kamera. Sie wählt drei Krimis, zur Ablenkung.
Genau diese Krimis sind es, weswegen sie nicht schläft, wenn ich auf Reisen bin.
Das Mittagessen – gedünstetes Gemüse nach ihrer Anleitung (Karotten, Kohlrabi, Buschbohnen (letztere lasse ich weg) mit Leinöl und Gemüsebrühenpulver), Rote-Beete-Salat mit Apfel, grüner Salat mit Tomaten, Linsenreste für mich, Steak für meinen Vater, das muss er aber selber anbraten – ist um 14:30 Uhr fertig und damit genau zweieinhalb Stunden zu spät. Zu spät, weil um zwölf steht das Essen auf dem Tisch seit anno dazumal. Heute nicht. Papa schweigt darüber hinweg, erzählt es aber später tatsächlich meiner Mutter im Krankenhaus.
Ab 15 Uhr beginnt die Besuchszeit und wir kommen auch da zu spät. Das hat es, als meine Schwester hier war, auch nicht gegeben. Ich bin eine schlechte Ablöse. Auf der Fahrt reden wir nicht über Patientenverfügungen, wie ich mir vorgenommen hatte. Mein Vater erzählt fast unbeschwert von seinem 450-Euro-Job, der beste Job, den er sich vorstellen kann.
-Was wünsch du dir eigentlich zum Geburtstag?, frage ich dann.
-Ach des hab ich jo gonz vergesse.
Am Krankenhausparkplatz sagt er: Du weisch jo wo’s isch, odda?
Woher denn, denke ich, ich bin doch zum ersten Mal hier.
-Do hinte, wo’s Fenschter gekippt isch, s’dritte von hinte, des isches.
Ich schaue am Gebäude entlang, es ist ein langer rosa-bräunlich verputzter Kasten, ich hatte es mir ganz anders vorgestellt, irgendwie klinischer. Mamas Zimmer geht zum Park raus, das ist schön.
-Ah Moment mol, bin ich do nidd gebore worde, in dem Krankehus?
-Ja, des war do vorne.
-Wo vorne?
-Ja, do vorne irgendwo.
Er zeigt in die gegenüber liegende Richtung auf ein Nebengebäude.
Dann geht mein Vater zum Haupteingang. Es darf nur eine Person rein, Corona-Vorschrift. Ich laufe durch den Park und bleibe vor ihrem Fenster stehen, ihr Zimmer ist im Erdgeschoss. Ein älterer Herr vom Nebenzimmer schaut mich an und ich fühle mich falsch hier. Aber besser als drinnen.
Jetzt hat sie mich gesehen. Sie öffnet das Fenster ganz, im Hintergrund taucht mein Vater auf mit blauem OP-Mundschutz. Er gibt ihr den Schlafanzug und die Bücher. Sie legt den Schlafanzug nochmal neu zusammen und dann in den Schrank. Über ihrem Bett ist so eine Stange, daneben Ständer, für die Infusion vermutlich, sonst sehe ich nicht viel. Ich bin ein paar Meter entfernt, dazwischen liegt ein Graben. Wie so ein Burggraben.
Ich winke unbeholfen.
-Ja, Rini, wieso kummsch nidd rie?
-Ach, ich bin bissle erkältet und so isch’s mir lieber, au wege Corona, weisch.
-Awa, du hesch doch koi Corona.
-Ja, aber trotzdem.
Sie schaut mich forschend an. Sie sieht besser aus, als ich erwartet hatte. Ihre Haut ist rosig.
-Konnsch du ruskomme, bissle spaziere?
-Ja, nur nidd zu weit weg.
Wir treffen uns am Eingang. Sie geht langsam, unter der Jogginghose sehe ich, dass ihre Beine dünn geworden sind, aber ihr Gesicht sieht frisch aus und die Haare glänzen fast golden in der Sonne. Ich mache ihr Komplimente und sie winkt ab.
Wir gehen nebeneinander her in einer Reihe, alle drei, mit ein, zwei Meter Abstand dazwischen, wie so eine Tanzgarde, und immer, wenn sie zu mir rüberschwankt, weiche ich ein Stück aus. Sie erzählt, sie fühle sich wie ein Tiger im Käfig. Die ersten Wochen konnte sie ja gar nicht aufstehen, aber jetzt könne sie raus und dürfe nur am Klinikgebäude entlang, immer hin und her. Einmal wurde sie erwischt, unten an der Straße, da wollte sie mal ausbüchsen zur Abwechslung.
Mein Vater hebt Walnüsse auf und wirft sie mir zu. Ich habe einen Stoffbeutel dabei mit Desinfektionsmittel, Maske, Mütze, Handschuhen, Tagebuch, Stift und Schirm. Meine Mutter erzählt von den letzten Untersuchungen.
Sie weiß nicht, dass die Ärzte nach einem Malignom suchen, nach Krebs. Ich weiß das, weil ich mit der Assistenzärztin eine Art kollegiales Fallgespräch führte, Anfang der Woche am Telefon. Ich las mich ein, bereitete mich vor, war sachlich und an Diagnosen, Symptomen und Hypothesen interessiert.
Meine Mutter weiß, dass sie eine schwere Blutvergiftung hatte, so schwer, dass der Chefarzt das bisher erst ein, zwei Mal erlebt hatte, bei ganz alten Menschen mit schweren Vorerkrankungen, und dass sie deshalb jetzt noch Untersuchungen machen, „einfach um nichts zu übersehen“.
Morgen ist die Magen- und Darmspiegelung. Ein Malignom ist am wahrscheinlichsten, sagte die Ärztin. Ich habe aber das Gefühl, sie werden nichts finden morgen. Vor zwei Wochen war der Tod ganz nah, das wusste ich, das spürte ich in jeder Zelle, die Angst durchkroch mich ekelhaft kalt und schwitzig, aber jetzt, heute, ist sie zurück im Leben, und ich bin mir fast sicher, morgen finden sie nichts. Wenn da noch was anderes ist, zeigt es sich erst später.
Gut geschlafen hat sie letzte Nacht, sagt Mama, die beste Nacht bislang. Von 22 bis 24 Uhr. Dann wieder von 2 bis 4 Uhr. Aber um 5 Uhr lief die Antibiotika-Infusion voll daneben.
Dann ist es ihr draußen zu kalt. Ich trage schon die Daunen- und sie nur eine dünne Regenjacke. Mein Vater soll nicht mehr mit reinkommen, dabei ist es erst halb fünf und die Besuchszeit geht bis 18 Uhr. Wir gehen zurück zu ihrem Fenster. Auf dem Weg wird Papa von einer Verrückten angesprochen, sie will ihm die Hand geben und fragt ihn, ob er den Kaiser kenne usw. Papa bleibt erstaunlich cool („des sagt mir jetz nix“) und ich sage, wir müssen dann mal weiter.
Am Fenster sprechen wir über Mamas geplante Entlassung demnächst vielleicht. Morgen muss niemand von uns kommen, sagt sie. Das wäre das erste Mal seit drei Wochen. Sie sieht schmal aus, da in diesem Fenster, aber trotzdem stark, gestärkt, sie hat überlebt, und ihre Haare sind golden und als wir schon am Gehen sind, sagt sie uns noch hinterher, wir sollen Daumen drücken, dass sie morgen nichts finden.
-Des moche ma, Mama.
Auf der Rückfahrt schlägt mein Vater vor, zum Restaurant zu fahren, eine Warmhaltebox zurückbringen, die sie ausgeliehen hatten, als meine Schwester für meine Mutter kochte. Im Restaurant, so Papas Idee, „könnt ich au glich noch ä Bier trinke“. Ich rede es ihm aus. Drinnen sitzen, essen, trinken, ohne Maske, lieber nicht.
Zuhause frage ich, ob wir noch spazieren gehen, Walnüsse sammeln. Er sagt sofort ja, aber dann lese ich eine Stunde Twitter und er nickert im Schaukelstuhl, bis wir uns aufraffen.
Wir gehen einen Weg, den ich nicht kenne, hinten am Wald hoch. Dort stehen die alten Äpfelbäume, wo wir mit dem Schubkarren Äpfel holen können, irgendwo hin bringen, und dann Saftgutscheine oder Geld dafür bekommen. Es stellt sich raus, dass ich dachte, wir holen 10 Kilo, mein Vater rechnet mit mehr (Awa 10! 100, 500 Kilo!).
Die Hütte, an der wir dann vorbei kommen, hat mein Vater mit gebaut, und von hier aus auch eine Kanone geschossen, die stand damals noch da oben, jedes Jahr am 1. Mai um sechs Uhr morgens hat er sie geschossen und der Schuss hallte runter ins Tal – bis der neue Bürgermeister es verbot, weil man dafür eine Schieß-Ausbildung brauchen würde.
-Die hab ich halt nidd ghett, lacht Papa.
Er schlägt vor, dass wir zum Friedhof gehen, da gibt’s vielleicht noch die alten Nussbäume. Wir treffen ein älteres Paar, das nach der Gesundheit meiner Mutter fragt und dann geht’s in einem Schlagabtausch um alle neuen Toten und Verletzten. Der Hofererbauer kam untern Traktor, hinten an der Hauptstraße gestern schwerer Radunfall mit Hubschrauber, und die Helga hat die Hüfte gebrochen und musste von der Feuerwehr wieder über den Balkon rausgeholt werden, weil der Treppenaufgang zu eng ist im Altstadthaus, und der Ziegler Franz liegt auch im Krankenhaus, aber man weiß noch nicht, was er hat.
-Wohnsch du eigentlich gern hier?, frage ich Papa im Weitergehen.
-Ich? Joa. Also in ner Großstadt wollt ich nidd lebe.
Auf dem Friedhof die übliche Gräberrunde. Beim Sepp brennt die Kerze, bei Opa und Oma ist sie schon ganz runtergebrannt, Tante B. wuchert lindgrün über den Grabrand, bei Tante C. gibt’s Lavendel am Grab, wovon ich nach langem Überlegen einen Stängel abknicke für die Lavendel-Säckchen, die ich nähen will.
Ob ich mich an Tante C. erinnere, will Papa wissen.
Ja, ich erinnere mich an die Stimmung, ans Licht, warm, geborgen, ans Klo und an die Küche, gelbe Tischdecke, die Farben wie auf Polaroid. Bei Tante C. verbrachte ich die ersten Jahre meines Lebens, wenn meine Eltern bei der Arbeit waren. Kurz darauf kam sie „zum liebe Gott in de Himmel“ und daran erinnere ich mich genau.
Weiter geht’s mit Opa/Oma 2 und Onkel O., und M. vergessen wir, das fällt mir aber erst später auf. Ich frage noch nach Lui, aber Papa weiß nicht, wo der liegt. Bei ihm saß ich immer draußen aufm Bänkchen hinterm Haus, ich war noch im Kindergarten und Ludwig so um die siebzig und rauchte Vanilletabak, der roch so gut.
Mein Vater will jetzt unbedingt für mich Lavendel finden. Von den Nussbäumen ist nämlich nur noch einer da, und der ist hinterm Zaun. Im Grünschnitt liegt kein Lavendel, aber wir sehen jetzt in jeder Grabreihe mindestens einen großer Busch, der noch richtig lila blüht.
-Moralisch gesehen ist das nicht so ok, den mitzunehmen von den Gräbern, oder?
Papa nickt unzufrieden.
Auf meine Fragen, was für ein Grabstein er sich eigentlich mal wünscht und welche Pflanzen und so weiter, geht er nicht ein, also erzähle ich: bitte unter nem Baum, so wie der hier, der isch jo richtig schön!
-Des isches Grab vum alte Pfarrer.
-Hm ja, bissle protzig, für mich donn ä kloinerer Stein und gern Lavendel drum herum.
„Der war jünger als ich“ oder „Der war au in minem Alter“ oder „Der war zwölf Johr älter als ich“ sagt Papa im Weitergehen und es kommt mir vor, als berechne er irgendwie noch seine verbleibende Zeit.
Am frischen Grab von G., einem Urnengrab, das vom Gärtner gepflegt wird, steht: „Für die Raupe war es das Ende, für die Welt ein Schmetterling“. Ich denke an G.s Tochter, wir sind zusammen zur Schule gegangen.
-Oh, isch des die Effi, die ich au kenn? Die uns früher d’Haar gschnitte hett?
Wir stehen vor einem größeren Familiengrab.
-Ja, genau, d’Effi.
-Ich wusst gar nidd, dass die au tot isch. Woran isch die denn gschtorbe?
-Krebs.
-Was für Krebs?
-Des weißi nidd.
Vor ein paar Tagen noch dachte ich, ich kann das nicht ertragen, wenn meine Mutter stirbt, ich halte das nicht aus. Aber ich muss ja. Irgendwann muss ich ja. Es sterben alle, wir auch. Es ist noch gar nicht lange her, dass ich das verstanden habe.
Es wird dunkel und wir machen uns auf den Heimweg. Aus einem Garten reißt Papa einen Lavendelstängel für mich ab und den Rest des Weges hält er Ausschau, aber überall sonst wurde er schon zurückgeschnitten. Wir überlegen sogar kurz ins Schwimmbad einzusteigen, Papa meint sich zu erinnern, dass da auch Lavendel wachse, aber dann lassen wir es bleiben.
Zuhause isst er Wurstbrot und löst Sudoku, ich helfe einmal, als er nicht mehr weiterkommt. Ich mache Pommes im Backofen und überweise Rechnungen und zahle 558,76 Euro ans Jobcenter zurück. Das hatten sie mir überwiesen, obwohl ich schon umgezogen war und die neue Stelle hatte. Ich verrechne für die nächsten Monate Einnahmen und Ausgaben, komme am Ende auf grob 500 Euro plus. Naja.
-Morge isch Mondag, bemerkt mein Vater, als er den Tisch abräumt, un ich muss nidd schaffe. Wie oft hab ich mir des früher gwünscht. Wie oft hab ich schu om Sunndig drüber nochdenkt, was ich om Mondag alles moche soll.
-Des isch doch schön Papa, dass du des jetzt nimmi moche musch.
-Ja, sagt Papa, und lächelt.
45 Jahre lang vor sechs aufgestanden und Sonntagabend Grübeleien. Gut, dass er das nicht mehr machen muss. Absurd, wie normal es ist, das zu machen.
Bis nachts schaue ich immer wieder aufs Handy, ob KM aus Neuseeland geschrieben hat. Hat er nicht. Wir haben Schluss gemacht, irgendwie. Seit fast einer Woche schreibe ich nicht mehr, er auch nicht. Ich denke immer: einen Tag schaff ich noch, und: mal schauen, wie lang wir’s schaffen. Aber eigentlich weiß ich gar nicht, ob ich das schaffen will.
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